27.09.
2022
Herr Dr. Lohmeier, an wen richten sich die Fort- und Weiterbildungen der Akademie des Gläsernen Labors auf dem Wissenschafts- und Biotech-Campus Berlin-Buch?
Unsere Zielgruppen kommen vorwiegend aus den Life Sciences und der medizinischen Biotechnologie. Es sind junge akademische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Technische Angestellte (TAs) und Laborfachkräfte. Wir vermitteln zum Beispiel in unseren Summer Schools einen Überblick über die Prozesse der Arzneimittelentwicklung und -herstellung für Forschende, die in dieses Thema einsteigen oder in die Industrie wechseln wollen. TAs und Laborfachkräften bieten wir die Möglichkeit, mit den Entwicklungen in der molekularbiologischen Forschung und Biotechnologie Schritt zu halten. In ihren Kursen geht es um Labor-4.0-Themen wie Digitalisierung, Automatisierung und Miniaturisierung und CrisprCas oder Epigenetik.
Wie entstehen die Kurse der GLA?
Als Einrichtung des Campus entwickeln wir die Kurse unter anderem gemeinsam mit Forscher:innen des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft und des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie und passen unser Programm ständig dem Bedarf an. Wir beziehen bei der Konzeption und Zertifizierung auch Berufsverbände wie den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, den TÜV Rheinland oder Behörden wie das LAGeSo Berlin ein. Ebenso fließen die Anforderungen von Unternehmen im BiotechPark ein, deren Beschäftigte wir fortbilden.
Was zeichnet die Akademie-Kurse aus?
Unsere Kurse und Summer Schools sind kompakt, lassen aber genügend Zeit für Diskussionen und Erfahrungsaustausch, da dies sehr produktive Elemente sind, insbesondere, wenn Teilnehmende aus verschiedensten Bereichen aufeinandertreffen. Fast alle Kurse für Wissenschaftler:innen finden auf Englisch statt, die für TAs und Laborant:innen grundsätzlich auf Deutsch. Wir vermitteln Laborfachkräften Technologien praxisorientiert, sodass die Mitarbeiter:innen die Inhalte in ihrem Laboralltag anwenden und in ihre Arbeitsgruppe weitertragen können. Der große Kurshefter vom Fachkraftkurs für Molekularbiologie steht wohl in einigen Laboren als das Nachschlagewerk für viele Labortechnologien. Weil wir auf dem Campus eng vernetzt sind, gewinnen wir viele sehr gute Dozent:innen aus den hiesigen Forschungseinrichtungen und Unternehmen – dieses Potenzial ist eine weitere Besonderheit. Hervorzuheben ist auch, dass wir nicht gewinnorientiert arbeiten müssen und daher günstige Preise bieten können.
Welche neuen Kurse stehen auf dem Programm?
Für Wissenschaftler:innen haben wir einen eintägigen Online-Kurs zum „Scientific Ressource Management“ entwickelt. TAs können am neuen Seminar „Bioinformatik im Labor 4.0“ teilnehmen. Für Projektleiter:innen und Beauftragte für Biologische Sicherheit bieten wir ab jetzt einen zweitägigen Online-Grundkurs.
Was vermittelt der Kurs „Scientific Ressource Management“?
Er vermittelt Wissen und Methoden für das professionelle Management von Forschungsinfrastrukturen, Technologieplattformen und wissenschaftlichen Core Facilities wie zum Beispiel für Genomics oder Mikroskopie. Die Teilnehmenden lernen von erfahrenen Führungskräften, wie Forschungsprojekte und Infrastrukturen aus betriebswirtschaftlicher Sicht entwickelt, aufgebaut und unterhalten werden: Wie sieht ein Geschäftsmodell aus, das ein Gleichgewicht zwischen gemeinnütziger Forschungszusammenarbeit und gewinnorientierten Forschungsdienstleistungen herstellt? Wie regelt man die Nutzung von Ressourcen in Gemeinschaftslaboren? Hier gilt es, gemeinsame Businesspläne aufzustellen und die Nutzung der Ressourcen bzw. entsprechende Berechtigungen auszuhandeln. Wer an einer Führungsposition in der wissenschaftlichen Forschung interessiert ist oder ein eigenes Unternehmen gründen möchte, erhält mit dem Kurs „Scientific Ressource Management“ einen wichtigen Einblick in die Prozesse und Erfordernisse.
Was bietet der neue Bioinformatikkurs für TAs?
Auf vielfachen Wunsch führen wir damit einen Teil unseres ehemaligen Kurses „Digital Life Sciences“ weiter. In Vorträgen und Workshops geben wir an einem Tag einen Überblick über aktuelle Trends in der Bioinformatik, bieten praktische Übungen mit Biodatenbanken und führen in das Next Generation Sequencing ein. Das Seminar vermittelt ein grundlegendes Verständnis für die zunehmend komplexe Datenlandschaft und gibt gleichzeitig praktisches Wissen an die Hand, das am Arbeitsplatz angewendet werden kann.
Dem Aktualisierungskurs für Projektleiter und Beauftragte für Biologische Sicherheit folgt jetzt ein zweitägiger Grundkurs zu diesem Thema.
Die Aktualisierungskurse liefen sehr erfolgreich und wurden auch von vielen Campusfirmen genutzt. Aufgrund der Nachfrage haben wir einen Grundkurs konzipiert, der ebenfalls online durchgeführt wird und fast dasselbe Dozentenpanel hat. Der Kurs bildet künftige Projektleiter:innen bzw. Beauftragten für Biologische Sicherheit in Deutschland im Sinne des § 28 der aktuellen Gentechnik Sicherheitsverordnung (GenTSV) aus. Er wird vom LAGeSo Berlin anerkannt, zertifiziert und geprüft. Die Fortbildung bietet Impulsvorträge und Fallbeispiele, thematisiert gesetzliche Anforderungen an die Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in den unterschiedlichen Sicherheitsstufen.
Welche Pläne hat die GLA für das kommende Jahr?
Wir sehen einen immensen Weiterbildungsbedarf zum Labor 4.0, für den wir noch weitere passende Angebote schaffen werden. Die TAs rein an der Cleanbench mit Pipette – das reicht bei weitem nicht mehr. Um sich einen Karrierevorsprung zu verschaffen, ist eine Weiterbildung in modernen Technologien und Nachhaltigkeit wichtig. Im Juni steht auch wieder ein umfassender Weiterbildungstag für TAs an, mit Vorträgen, Workshops, Methodentrainings, Networking und Laborführungen, die man individuell zusammenstellen kann. Die Teilnahme kann jetzt schon gebucht werden.
Wenn 2023 unser neues Gründerzentrum BerlinBioCube eröffnen wird, planen wir eine Reihe „Talk im Cube“ zu etablieren, die spannende Themen auf die Agenda bringen und das Networking befördern soll. Wir wünschen uns, dass daraus ein fixer Termin im Kalender der Start-ups und Akteure auf dem Campus wird.
Interview: Christine Minkewitz
Die Akademie des Gläsernes Labors schult in berufsbegleitenden Weiterbildungen und Orientierungskursen Laborkräfte und Wissenschaftler:innen. Gemeinsam mit der TÜV Rheinland-Akademie, dem Bundesverband Pharmazeutischer Industrie, dem VBIO, zahlreichen Biotech- und Pharmaunternehmen und anderen Partnern werden dazu zertifizierte Labor- und Trainingskurse zu Themen der Life Sciences angeboten.
Dr. Uwe Lohmeier hat an der Freien Universität Berlin Biologe studiert und nach seinem erfolgreichen Diplomabschluss erste Erfahrungen mit klinischen Studien an einem Berliner Auftragsforschungsinstitut gesammelt. Nach seiner Promotion an der TU München im Bereich Phytopathologie trat er eine Stelle in der Klinischen Qualitätssicherung bei der Schering AG, später Bayer AG, an. Dort arbeitete er fast 15 Jahre lang als leitender Angestellter und kennt alle Prozesse der klinischen Arzneimittelentwicklung – bis hin zur behördlichen Inspektion. Seit 2017 leitet er die Akademie des Gläsernen Labors, wo er seine Expertise in beiden Welten – in der akademischen Forschung und in der pharmazeutischen Industrie – einbringt.
Quelle: Standortjournal buchinside 2/22
Foto: Campus Berlin-Buch